Am 25. Oktober 2023 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europäischen Parlament (IMCO) seinen Initiativbericht zur Geoblockingverordnung abgestimmt. Er appelliert – anders als der für Film zuständige Kulturausschuss in seiner Stellungnahme – für ein Ende des Geoblockings für den audiovisuellen Sektor, ein fatales Signal für die europäische Filmwirtschaft.
Mit einem generellen Verbot des Geoblockings für filmische und andere audiovisuellen Online-Angebote werden Produzent*innen, Filmverleiher*innen und Plattformen gezwungen, Filme online zeitgleich in ganz Europa anzubieten. Eine solche europäische Online-Zwangsveröffentlichung gefährdet den Binnenmarkt für europäische Filme und fördert ihn nicht.
Denn Filmproduzent*innen, Verleiher*innen, Weltvertriebe und Kinos sind auf die Möglichkeit angewiesen, für bestimmte Zeitfenster und Regionen Filme exklusiv zu lizenzieren. Bestehen diese Lizenzierungsmöglichkeiten nicht, ist die (Re-)Finanzierung und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Filme gefährdet. Ein Verbot des Geoblockings fördert auf diese Weise die Konzentration auf einige wenige große Player, die Filme aus einer Hand produzieren und über ihre Plattformen vermarkten können. Weitere Folgen wären, dass sich die Preise für Verbraucher besonders in kleineren Mitgliedstaaten erheblich erhöhen und Sprachversionen nur noch für einzelne Mitgliedstaaten erstellt würden. Dies schadet dem Filmstandort Deutschland und Europa wie auch der kulturellen Vielfalt. In seiner neuesten Veröffentlichung aus dem Juni 2023 warnt das European Audiovisual Observatory vor diesen Effekten.
Hintergrund: Geoblocking verhindert technisch, dass Personen aus einem Mitgliedstaat auf Online-Angebote aus anderen Mitgliedstaaten zugreifen können. Die Geoblockingverordnung (Verordnung (EU) 2018/302) verbietet eine solche Zugangsbeschränkung für zahlreiche Wirtschaftsbereiche. Das Geoblockingverbot gilt aus gutem Grund nicht für den Film- und audiovisuellen Bereich. Das heißt, der Zugang zu Filmen, TV-Programmen oder VOD-Angeboten kann, muss aber nicht auf Zuschauer*innen in Deutschland oder bestimmte Regionen begrenzt werden. Auf diese Weise können Filme für bestimmte Zeitfenster und Regionen gesondert ausgewertet werden. Über diese exklusive Auswertung können Filme häufig erst durch Vorab-Verkäufe von Rechten finanziert werden und ihre Re-Finanzierung durch entsprechende Erlöse und zielgerichtetes Marketing gesichert werden. Wenn ein Film hingegen schon in einem Land online verfügbar und damit zugleich EU-weit verfügbar wäre, kann dies dazu führen, dass Zuschauer*innen nicht mehr ins Kino gehen, nicht darauf warten, bis ein Film ggf. im deutschen Pay-TV oder bei deutschen VOD-Angeboten angeboten wird. Verleiher*innen aus anderen Mitgliedstaaten oder Weltvertriebe würde Filme nicht in andere Mitgliedstaaten vermarkten und in die dortigen Kinos bringen können. Diese Erlöse fehlen dann für die Investitionen in neue Projekte.
Die SPIO setzt sich dafür ein, die Feststellungen des EP-Kulturausschusses (CULT) im Plenum erneut einzubringen und abzustimmen.
Welche Auswirkungen hat eine Entschließung des Europäischen Parlaments?
Das Europäische Parlament kommentiert in nicht-rechtsverbindlichen Entschließungen (Resolutionen) bestimmte Themen, um ihnen mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Oft haben diese Entschließungen einen Appellcharakter.